Coddiwomple (‚kod’ә wom pәl‘, engl. Slang)

Ich kann euch nicht so genau sagen, warum der aktuelle Beitrag so lange hat auf sich warten lassen. Wenn es eine Schreibblockade gewesen wäre, wäre sie somit überwunden. Bevor ich euch erzähle was vorgestern passiert ist, möchte ich euch die Zeilen lesen lassen, welche bereits geschrieben sind und seit ein paar Tagen auf ihre Veröffentlichung warten. Es ist etwas einfacher die News einfach hintendran zu hängen und den Text nicht erneut umschreiben und anpassen zu müssen. Ich möchte euch endlich wissen lassen wo ich bin und was ich die letzten Wochen so gemacht habe.

Vor ca. drei Wochen habe ich eine Nachricht von meinen Freunden aus der Bergen bekommen, das sie in wenigen Tagen ein Café eröffnen. Die Nachricht kam mit der Frage, ob ich Zeit und Lust hätte sie ein wenig zu unterstützen. Sie wären dankbar für jede helfende Hand. Auch wenn ich mich in Delhi theoretisch etwas eingerichtet und eine Unterkunft gefunden hatte, blieb ich offen für jedwede Wendung. Und diese kam mit der Nachricht von Sanam und Vivek. Natürlich hätte ich Spaß daran, den beiden mit ihrem Projekt zu helfen und so sah ich mich sehr spontan einen Bus nach Dharamshala buchen. Auch wurde es in Delhi mit nun fast schon täglichen 40° Grad etwas sehr warm, was die Entscheidung in die kühleren Berge aufzubrechnen, nicht erschwerte. Und da bin ich nun seit fast genau drei Wochen. Vielleicht könnt ihr euch ja an meinen Beitrag mit den Waste Warriors erinnern. Die Jungs, die die Gegend sauber halten und den Abfall der umliegenden Hotels recyceln? Diese Beiden haben vor ca. acht Wochen sehr spontan entschieden ein Café zu eröffnen und somit ihrem Leben eine andere Richtung zu geben.

Sie haben eine der besten Locations in der „Hauptstraße“ angeboten bekommen und es tatsächlich innerhalb kürzester Zeit geschafft aus einer nicht sehr ansehnlichen Fläche ein sehr einladendes und gemütliches Fleckchen Erde zu kreieren. Das „Nature Twins Café“. Sie arbeiten viel mit Holz und Naturmaterialien. Die Grundstruktur ist aus Bambus und die Tische sehr schöne helle massive Holztische. Ihr Konzept ist gesundes und natürlich leckeres Essen zu servieren.

Als ich angekommen bin, stand also das Grundgerüst und innerhalb einer Woche haben wir Blumen, Vorhänge,  Geschirr und all mögliche Küchenutensilien gekauft, Dekoideen gegooglelt, uns ums Wifi und die Musik gekümmert, Lampen installiert, ein Teeunternehmen hinsichtlich einer möglichen Kooperation kontaktiert, Schilder erstellt und einen Maler kommen lassen, der diese beschriftet. Weiterhin bin ich nun Meisterin im Händeln eines 10 cm breiten Pinsels in eine 4 cm breite Holzlasurdosenöffnung. 😀 Einen Koch stellt man hier innerhalb weniger Minuten nach einen kurzen Gespräch ein. Dieser kann sich jedoch ebenso in wenigen Minuten und ohne jegliches Gespräch in Luft auflösen, siehe weiter unten.

Doch vor seiner spontanen Auflösung haben wir mit ihm eine Speisekarte erstellt. Ein wirklich hartes Stück Arbeit. Es war nicht so einfach 3 Inder an einen Tisch zu bekommen und ihnen verständlich zu machen, das eine Speisekarte mit das Herzstück ihres Restaurants ist. Doch innerhalb 24 Stunden hielten wir sie in unseren Händen. Eine Speisekarte in der sich Gerichte befanden, welche der Koch noch nie gekocht hat (sehr interessant, aber warum nicht…) und in der wir Preise mehr oder weniger aus dem Bauch heraus festlegten (da ich keine Ahnung habe wie man den Preis eines Gerichtes errechnet ohne die Zutaten zu kennen und die Jungs ebenso…). Am nächsten Tag dachten wir uns in der Schnelle ein Design aus und ließen das Ganze editieren und drucken. Da sich unser Stil auch noch von den anderen 25 Cafés um uns herum unterscheidet, war ich schon ein wenig stolz.

Es ist ein riesiges Unterfangen ein Café aus dem Nichts heraus zu eröffnen. Es ist ein fast unmögliches Unterfangen dies innerhalb von sechs Wochen zu tun und noch unmöglicher, wenn man noch nie im Gastro-Bereich gearbeitet hat. Mir persönlich fallen nicht so viele Länder dieser Erde ein, in denen dies möglich ist. Keine Frage, dass Sanam und Vivek noch vieles oder sollte ich besser sagen: noch alles lernen müssen. Doch die Beiden haben eine Vision für deren Umsetzung sie sehr hart arbeiten.

Das Tempo was sie vorlegen ist enorm. Ich sehe im Moment sehr deutlich, das man auf der einen Seite viel erreichen kann, wenn man mutig ist und einfach loslegt, aber auf der anderen hätten sie sich mit ein klein wenig mehr Planung ein paar Kopfschmerzen ersparen können. Ein erster kleiner Dämpfer kam mit der Lieferung der Tische. Leider sind diese mit einer Tischhöhe von 86cm ganze 10cm zu hoch. Nachdem der erste Schock überwunden war, fanden sich die Jungs im Improvisationsmodus. Im Gegensatz zur fehlenden Planung oder vielleicht gerade deshalb eine wahrhaft indische Stärke. Ihre Lösung: Ein Tisch mit Ziegelsteinen zu umgeben und die Stühle einfach drauf zu stellen. Die anderen drei Tische wurden mal so eben um 7 oder 8 cm eingegraben. Mein deutsches Herz zweifelt ein wenig, das diese fast 10 cm nicht mit Holzlasur bearbeiteten Bereiche heile bleiben, aber hier kann ich auch sehr falsch liegen. Weiterhin haben wir irgendwie einen Tisch zuviel, aber irgendwie auch nicht. 🙂 (Hier werden keine kleinen Papierschnipsel auf einem A4 Blatt hin und her geschoben, um zu überprüfen, was wohin passt. Hier bestellt man Möbel mehr Pi mal Daumen. 🙂 )

Eine weitere witzige Entdeckung machte mir bewusst, das ich mich ein klein wenig in einem „Wir machen alles so perfekt wie nur möglich“-Modus befand. Die Entdeckung, das unser „Schilderbeschrifter“, ein wirklich sehr angenehmer älterer Herr, aus unserem „High Speed Wifi“-Schild ein „High Spped Wifi“-Schild gemacht hat. 😀 Als ich dies gesehen hatte, sagte ich zu mir: Nancy relax! Wir sind und bleiben in Indien und solche kleine „Fehler“ verleihen dem ganzen einen sehr symphatischen Charme. Dennoch habe ich ihm für unseres großes Schild alles ganz genau notiert und siehe da, es sieht sehr gut und fehlerfrei aus. 😉

Und dann war es soweit: Wir haben von jetzt auf gleich eröffnet. Wir hatten einen Koch, einen Küchenhelfer und einen Spüler engagiert. Die Küche war irgendwie fertig. Irgendwie im Sinne von: Wir hatten ein paar Töpfe, Pfannen, Teller, Besteck, die Kochvorrichtung und Gaszylinder. Was fehlte waren Lebensmittel. Die Jungs haben den Weg gewählt die Zutaten erst einzukaufen, wenn sie bestellt wurden. Das heißt, sie liefen an diesem Tag ununterbrochen zum Gemüsemann, der sich zum Glück nur in 5 m Entferung befindet und zum Shop gegebenüber. Auch eine Möglichkeit, irgendwie… 🙂 Meine Aufgabe war es die Gäste zu empfangen, gute Laune zu verbreiten, Bestellungen entgegezunehmen, zum Teil zu servieren, Tische abzuräumen und zu kassieren.

Was soll ich sagen? Das Café ist eingeschlagen wir eine Bombe. Es war von Früh bis Abend gleichbleibend gut besucht. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Wir alle hatten fast ununterbrochen gut zu tun. Die Gäste mussten zum Teil viel zu lange auf ihr Essen warten, aber zum Glück waren sie mit diesem sehr zufrieden. Das Café bietet Platz für ca. 25 Personen an vier großen Tischen und in einer Art Lounge, in der die Gäste auf dem Boden sitzen. Jeder fühlte sich sehr wohl. Besser hätte die Eröffnung also nicht laufen können.

Der zweite Tag war etwas ruhiger, hier konnten wir ein klein wenig entspannen. Aber am dritten Tag nahm der Strom fast kein Ende. Unglaublich! Innerhalb kürzester Zeit waren wir zum Dorfgespräch geworden und jeder wollte unser Essen ausprobieren. Die Atmosphäre war sehr gut und es hat viel Spaß gemacht, auch wenn wir alle mehr als 14 Stunden auf den Beinen waren.

Jetzt kommt Tag 4 und der hatte es in sich. Sanam sagte mir, das unser Koch gegen 10 Uhr mal kurz (!) wegmüsste um Bankangelegenheiten zu regeln.

Ich meinte so: OK, kein Problem. Was ist der Plan? Kommt der Freund, welcher ebenso Koch ist?
Sanam meinte: Jup, er wüßte Bescheid.
Ich so: Na dann ist ja alles gut. Dann schauen wir mal wie und ob das funktioniert.

Und in der Tat, mitten im Geschäft ließ uns unser Koch allein und natürlich ohne das Sanju, der befreundete Koch, den Weg zu uns gefunden hatte. Fast alle Tische waren besetzt und fast jeder hatte Essen bestellt. Jeder der jemals in der Gastro oder im Service gearbeitet hat, weiß, dass das eine nicht so ganz angenehme Situation ist. Was soll ich sagen. Ich war die Person an der Front und ganz so viele Möglichkeiten blieben mir nicht. Ich hab tief durchgeatmet und gelächelt, unseren Gästen die Situation erklärt und um Geduld gebeten. Zu meinem Glück war ausnahmslos jeder unglaublich entspannt und verständnisvoll. Und glücklicherweise kam Sanju nur (!) 15 Minuten später angeflitzt und rockte das Geschäft die nächsten vier Stunden. Ein drittes „Zum Glück“: Jeder war glücklich mit dem Essen und wir ernteten viel Lob.

Mein weiterer persönlicher Test an diesem Tag war der Umgang mit einem betrunkenen Gast. In Indien gibt es unzählige Männer, die Haus und Hof verlassen, um als Baba oder Sadu durchs Land zu ziehen. Diese Hindu Mönche besitzen nur, was sie am Leibe tragen, kümmern sich meistens um die zahlreich vorhandenen Tempel und leben von Spenden. Die realen Babas sind angesehene Personen. Unser Baba jedoch ist ein Fake/Hochstabler, wie sie in den touristischen Gebieten zu Haufe zu finden sind. Natürlich gekleidet wie die Richtigen, aber meines Erachtens eher verlorene Persönlichkeiten. Dieser war nicht zum ersten Mal im Café, aber and diesem Tag, wie gesagt, so richtig blau. Fazit: Nachdem wir ihn gebeten hatten leiser zu sprechen und nicht das ganze Café zu unterhalten oder einzuladen, durfte er nach seinem Mahl gehen. Was er auch tat. Jeder beobachtete mich, wie ich die Situation händelte und ich bekam das ein oder andere Lob. Am Ende des Tages kam der Typ in der Tat zurück und entschuldigte sich für sein Verhalten und fragte, ob er bezahlt hat. 🙂

Zu guter Letzt hatte sich unser junger Helfer an diesem Tag ziemlich tief in den Daumen geschnitten. Ich mutierte also auch noch zur Arzthelferin, desinfizierte den Schnitt und versorgte ihn mit Pflastern.  Zum Glück habe ich, warum auch immer, seit dem Beginn meiner Reise Pflaster in meinem Rucksack. Als nächstes werde ich ein kleines Erste-Hilfe-Set fürs Café besorgen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir das einzigste Café mit Verbandszeug hier wären. Muss aber natürlich nicht so sein. 🙂

Da unser Koch noch immer nicht den Weg zu uns zurückgefunden hatte und Sanju zu seinem regulären Arbeitsplatz aufbrechen musste, nahmen wir keine Bestellungen mehr entgegen und schlossen zum Nachmittag. Was ich gar nicht so schlecht fand, da wir fast sechs Stunden unter hohem Druck non stop gearbeitet hatten.

Gegen späten Nachmittag kam unser regulärer Koch wieder zurück. Leider war er nicht mehr so gut drauf wie vorher, händelte das Abendgeschäft jedoch sehr gut. Den nächsten Morgen löste er sich jedoch ohne Goodbye zu sagen in Luft auf. Mit ihm kamen zwei Helfer. Mit ihm gingen zwei Helfer. Und ohne Koch ist es so ziemlich unmöglich ein Restaurant zu führen. Also schlossen wir das Wochenende, was gar keine so schlechte Idee war, da wir alle drei in den letzten Tagen nur sehr wenig Schlaf bekamen und müde waren. Vor allem meinereiner, der im Gegensatz zu den Jungs, keine 25 mehr ist. 😛 Also machten wir das beste aus unserer Zwangspause. Schliefen viel und ruhten uns aus, strichen die Tische fertig, justierten die Küche nach und organisieren Kleinigkeiten.

Innerhalb von vier Tagen hatten die Beiden einen neuen Koch inklusive Helfer gefunden und engagiert. Neu im Team ein Kellner. Letzte Woche Mittwoch hieß es also auf zur zweiten neuen Eröffnung. Alles lief sehr gut. Wir fingen dort an, wo wir aufgehört hatten. Die Gäste kamen, fühlten sich sehr wohl, mochten das Essen und kamen am nächsten Tag erneut.

Ganz nebenbei hatte ich die Idee einen kleinen Zettel zu erstellen, auf dem wir um Feedback baten. Das klappte gut und die Hinweise halfen uns auf jeden Fall weiter. Weiterhin mache ich mir Gedanken zu Marketingstrategien und das Dekothema war noch lange nicht abgeschlossen. Ich wollte Kräuter in ganz tollen kleinen lokal hergestellten Terrakottatöpfen und -schalen heranziehen. Meine Erkenntnis: in Indien ist es mehr als schwierig an normale Kräutersamen zu kommen. Bei uns ein Klacks, hier eine mehr als 14tägige Wartezeit bei der Amazonbestellung. Mal schauen, ob sie den Weg zu uns finden. 🙂

Ein großes Thema nach wie vor ist unsere Speisekarte. Im Moment arbeiten wir mit einer temporären. Es müssen Speisen und Preise angepasst werden und Idee ist es eine separate Getränkekarte zu erstellen. Die Jungs haben eine echt taffe Aufgabe zu bewältigen. Es ist nicht einfach auf der einen Seite etwas Besonderes zu schaffen und anders sein zu wollen, sich jedoch auf der anderen Seite dem Druck ausgesetzt zu sehen, eine ähnliche Speisekarte anzubieten, wie der Rest hier in der Straße. Da Vivek und Sanam aus einer Teefamilie kommen, wollen sie unterschiedlichen Tee anbieten. Und wenn alles gut geht, kommt am Freitag unser Entsafter. Ein kleines Highendgerät. Ich bin wirklich schon sehr gespannt. Ich habe einige Stunden damit verbracht mich in die Welt der Mixer und Entsafter einzulesen. Habe unzählige Rezepte gegooglt, Namen und den ein oder andern Saft, zumindest auf dem Papier, kreiert. Sobald er da ist, geht es ans ausprobieren. Vielleicht ist das ein gesunder Weg, Gäste zu binden.

Und ganz, ganz nebenbei händel ich das, was in unserer Welt Punkt 1 ist: die Finanzen. Einen Finanzplan, welchen man normalerweise erstellt, bevor man ein Business startet, haben die Jungs nie niedergeschrieben. Sie haben ihre „Soviel wollen wir verdienen“ Vorstellungen im Kopf, aber ein komplett durchdachten Businessplan, der in unserer Welt unabdingbar ist, exisitert nicht. Rechnungen befinden sich auf kleinen Zetteln und in kleinen Büchern. Sie hatten eine gewisse Summe und diese ist nun fast aufgebraucht.

Und nun komme ich. Aufgewachsen in einer Welt mit Finanzcontrolling überall. Ohne Frage in jeder Art von Geschäft und sehr oft auch im Privaten. Nichts geht über eine Tabelle mit Kennzahlen. 😉 Also öffnete ich eine leere Tabellenkalkulation und legte los. Die erste Idee war, das wir festhalten müssen, welches Gericht wir wie oft verkaufen. Da wir eine ziemlich vollgespackte Speisekarte haben, ging ein wenig Zeit dafür ins Land. Schritt zwei war automatisch errechnen zu lassen, was wir an diesem Tag für Einnahmen hatten. Gesagt, getan. Nun konnten wir mit einem Blick sehen mit was wir Geld verdienen und wie viel. Schritt Nummer drei alle laufenden Kosten zu integrieren. Ganz weiß ich noch nicht wie ich hier am cleversten vorgehe. Alle Exceltabellen, die ich im Internet dazu gefunden habe und welche speziell für den Restaurantbereich entwickelt wurden, sind kostenpflichtig. Natürlich. 😉 Falls einer von euch da draußen, soetwas schon einmal erstellt hat oder mich dahin gehend in irgendeiner Form unterstützen kann, wäre das großartig. Da mein vielleicht zukünftiges Business in eine ähnliche Richtung geht, werde ich definitiv alles was ich hier erstelle und nutze in Zukunft weiterhin verwenden. Weiterhin habe ich die Tür zur BWL Welt einen ganz, ganz kleinen Spalt geöffnet und versucht mit Hilfe von Verkaufs- und Einstandspreisen Brutto-Margen zu errechnen. Doch sehr weit bin ich hier noch nicht gekommen. 🙂 Ob ich es schaffe für die beiden eine Webseite zu erstellen, werde ich sehen, aber im Moment ist dies ebenso der Plan.

Was man heute schon sagen kann, ist, dass das Café innerhalb kürzester Zeit eine unglaubliche Reputation bekommen hat. Wir hatten Gäste die mehrmals am Tag oder sogar jeden Tag gekommen sind. Und das ist gigantisch. Nun heißt es weiter dran bleiben und weitermachen. Die Beiden werden ihre Erfahrungen machen und nach und nach lernen, was es heißt ein Café/Restaurant zu besitzen und zu leiten. Bis jetzt bekommen sie es ganz gut hin. Auf eine ganz eigene indische Art und Weise. 🙂

Mit Daniel ist auch nach wie vor alles gut. Er händelt sein erstes Mal Indien sehr gut. Wenn man ihn fragt, wie er zurechtkommt, sagt er immer: Indien ist eine Herausforderung und eine intensive, aber ebenso interessante Erfahrung. Ich denke am Meisten macht ihm die Lautstärke zu schaffen und manchmal sind es einfach zu viele Menschen und in Delhi war die Luftverschmutzung nicht ohne. Ebenso musste sich auch sein Bauch erst an das indischen Essen gewöhnen, so dass er ein paar Tage mit Durchfall zu kämpfen hatte. Leider hatte er auch viel zu lange eine Erkältung bzw. Husten mit sich rumgeschleppt. Nach unseren Stadterfahrungen fühlt er sich hier in den Bergen jedoch sehr wohl. Er ist glücklich sein Meditationszentrum in unmittelbarer Nähe zu haben. Den ersten 10tages Kurs hat er bereits bestritten. In zwei Wochen macht er sich auf zum nächsten.

Wir sind seit Ende Januar in Indien. Nach meiner Reise durch Kambodia und Laos mit Konstanze im Januar haben wir uns in Kolkatta am Flughafen getroffen. Irgendjemand meinte es gut mit uns und mein Flieger aus Bangkok und sein Flieger aus Kuala Lumpur kamen nur eine Stunde zeitversetzt in Indien an. Großartigerweise konnten wir für eine Woche bei einem Freund unterkommen und Dan konnte sehr langsam und in toller Atmosphäre seine ersten Schritte auf indischen Boden machen. Wer es auf der Karte verfolgen möchte: Nach Kolkatta ging es für mich zum zweiten Mal nach Varanasi. Eine tolle Stadt! Dann nach Lucknow. Anschließend nach Rishikesh und für mich nach Delhi. Dan blieb 5 Wochen in Rishikesh, der Weltstadt des Yoga und der Meditation. Ende der 60er fanden sogar die Beatles ihren Weg hierher.

In Delhi angekommen bin ich um den 20. Februar. Als erstes hieß es für mich meinen Blog zu reparieren. Seit gut fünf Wochen konnte ich nicht mehr auf meine Arbeitsoberfläche zugreifen und ich brauchte Ruhe, um mich komplett ins Thema einzuarbeiten. Diese Ruhe hatte ich auf Reisen nicht, daher dauerte es ein wenig, bis ich das Problem lösen konnte. Ein Mohammad Soundso hatte es geschafft meine Seite zu hacken und im aktuellsten Beitrag seine Botschaft zu hinterlassen. Es hat mich eine Menge Gehirnschmalz gekostet, doch ca. 14 Stunden später war alles wieder gut. Dank Mr. Mohammad habe ich wieder viel rund ums Bloggen gelernt. 🙂

Vorerst untergekommen bei einem Freund, sah ich mich die folgenden drei Wochen auf Wohnungssuche. Ich wollte bis Ablauf meines indischen Visums Mitte Juli hier in Delhi bleiben. Ich habe mir ungefähr 20 Räume bzw. Wohnungen angesehen. Eine Bleibe in Delhi zu finden ist ein kleines Abenteuer. Natürlich! Ich befand mich in meinem Lieblingsland der Abenteuer. 😉 Ihr könnt euch nicht vorstellen, was man für fast ein und den selben Preis alles besichtigen kann. Die Spanne reicht von nagelneu renovierten Wohnungen über die schäbigsten Unterkünfte, die ich jemals gesehen habe bis zu Wohnungen ohne Fenster. Und ich meine ohne Fenster. Die einzige Öffnung zur Außenwelt ist die Wohnungstür. Für unsereiner unvorstellbar. Auf meiner Dies-sollte-vorhanden-sein-Liste stand Sonnenlicht auf Platz Eins. Was ca. 40% der gefundenen Wohnlichkeiten eliminierte. In diesem Sinne war für mich Herausforderung Nummer Eins ein Zimmer mit Licht zu finden. In einer vollgestopften Stadt, in der Häuser manchmal nur wenige Zentimeter bis einem Meter voneinander entfernt stehen, nicht ganz so einfach. Mein Fazit zu diesem Thema: Wenn man nur etwas mehr Geld in die Hand nehmen kann, bekommt man echt tolle Wohnungen, mit direktem Sonnenlicht in einer guten Lage.

Für mich hatte sich ergeben, das mein Freund für eine längere Reise in den Süden Indiens aufbracht und ich mich in der Situation fand, mich bei ihm untermieten zu können. Sehr, sehr praktisch. Ich mochte die Wohnung wirklich sehr. Hier hatte ich eine große voll ausgestattete Küche mit Fenster und Kühlschrank (nicht selbstverständlich!!), ein helles Zimmer mit Nachmittagssonne, Internetzugang und eine Art Waschmaschine (ebenso nicht selbstversändlich). Ich musste also nichts kaufen bzw. Geld für Neuanschaffungen einkalkulieren. Das aus der Dusche nur kaltes Wasser kam, war nicht wirklich ein Problem. An kalten Tagen wird der Eimer Wasser mit einem Tauchsieder erhitzt und an Tagen mit 30° Grad aufwärts genießt man die kalte Dusche minimum zweimal täglich und manchmal auch nachts.  Und ebenso fast unbezahlbar in Indien: Daniel konnte jederzeit zu mir kommen ohne das neugiere Vermieter oder Mitbewohner ein Problem damit hatten. Auch wenn wir Ausländer sind, ist es keine Selbstverständlichkeit problemlos als unverheiratetes Päarchen zusammen zu leben. Normalerweise gibt es nur reine Mädels- oder Jungs-WGs oder man wohnt als Familie zusammen. Ich würde sagen, die Wohnung war das Beste was mir passieren konnte. 🙂

In Delhi war ich nicht ganz zwei Monate. Ich habe meine Freunde getroffen und neue Kontakte geknüpft. Ich war zu vielen Kunst- und Fotoausstellungen und im März fand das Delhi Film Festival statt, welchem wir regen Besuch abstatteten. Weiterhin war ich ein wenig shoppen und hab mir neue Stifte, Pastellfarben sowie Skizzenblöcke gegönnt. Ich weiß nun, wie man Holi in Delhi feiert und da Dan zwei Wochen mit mir in Delhi war, hab ich ihm ein bisschen die Stadt, Parks und einige Sehenswürdigenkeiten gezeigt. Meine Zeit flog also dahin. Und dann bekam ich die Nachricht aus dem Bergen. Und siehe da, nun bin ich hier.

Okay ihr Lieben, so weit so gut. Diese Zeilen befanden sich seit ein paar Tagen bereits in meinem PC und mussten eigentlich nur noch veröffentlicht werden. Ich wartete irgendwie auf einen ruhigen Moment, doch was vorgestern – am frühen Sonntagnachmittag – passierte, war leider alles andere als ruhig. Sanam und ich entschieden kurz nach Dharamshala zu fahren, um unsere angepasste Speisekarte editieren und drucken zu lassen und um noch ein paar Küchenutensilien zu besorgen. Ehrlich gesagt, fing das Thema ‚Speisekarte‘ an mich ein wenig zu frustieren. Ich war mehr oder weniger froh, das Thema endlich abschließen zu können. Ich weiß nicht, wie oft wir Preise von ein und demselben Gericht diskutiert und geändert haben. Hier wurde meine Geduld auf eine echte Probe gestellt. Verstärkt sah ich mich damit konfrontiert ein Gleichgewicht zu finden zwischen meinen westlich denkenen Hirn und der indischen Realität. Und es ist tatsächlich eine kleine Herausforderung für mich, die Jungs auf der einen Seite so gut es geht zu beraten und auf der anderen Seite sie einfach ihre Erfahrungen machen zu lassen. Sowohl in Bezug auf die Speisekarte als auch ganz allgemein gesprochen, läuft hier einfach alles anders, als wir es in unserer westlichen Welt gewohnt sind. Und dies macht es von Zeit zu Zeit nicht so ganz einfach, manchmal etwas anstrengend, aber zum Glück sehr häufig auch sehr witzig, überraschend und beeindruckend. Meine Aufgabe ist es mich noch mehr und anhaltender zu entspannen, mich emotional wieder ein wenig von dem Projekt zu lösen, aber dennoch da zu sein, wenn die Jungs meinen Rat brauchen. Und das sollte ich hinbekommen. 🙂 Aber zurück zum vergangenen Sonntag.

Mitten im Einkauf bekam Sanam einen Anruf, ließ alles stehen und liegen und sagte wir müssen so schnell wie möglich zurück, im Café hätte es gebrannt. Es dauerte ein paar Sekunden bis ich verstand. Ich bereitete mich innerlich auf ein Café vor welches nur wenig Schaden genommen hatte und auf ein Café welches nicht mehr existierte. Ich versuchte Dan zu erreichen, um einmal in Erfahrung zu bringen wo er ist und zum anderen, um ihn zum Café zu schicken, falls er nicht bereits vor Ort sein sollte. Leider erreichte ich ihn nicht. Es dauerte ca. 25 Minuten bis wir das Café zu Gesicht bekamen, auch wenn der Taxifahrer sein bestes gab.

Und was soll ich sagen? Es hat gebrannt und zwar richtig, doch eine totale Zerstörung ist es nicht. Gott sei Dank wurde niemand verletzt und Gott sei Dank war der Koch so geistesgegenwärtig umgehend beide Gasflaschen aus der Küche zu entfernen. Er ist der Einzige, der leichte Verbrennungen auf der Schulter und an den Armen bekam. Wir schickten ihn sofort zum Arzt. Vivek erzählte, das wirklich jeder, der in unmittelbarer Nähe war, half das Feuer zu löschen. Es ist nicht ganz nachzuvollziehen wo es seinen Ursprung hatte. Doch aufgrund eines bestimmten sehr leicht entzündlichen Materials, welches die Jungs als Art Deko verwendeten, stand innerhalb von Sekunden das ganze Dach in Flammen. Der Weg zu den Vorhängen war nicht weit. Die komplette Elektrik, die Einrichtungen fürs Internet und ein Großteil der Plastikstühle schmolz und wir verloren vielleicht die Hälfte oder sogar dreiviertel der Blumen. Ich weiß nicht ganz wie es um die elektrischen Küchengeräte bestellt ist, aber mein Juicer hat überlebt. Ja, er war inzwischen eingetrudelt und wir konnten ihn einen ganzen Tag ausprobieren, bevor er seine Feuerprobe bestand. Ein Auffangbehälter schmolz zwar komplett und die Öffnung ist ein wenig betroffen, aber die Maschinerie funktioniert. Auch die Tische sind im Großen und Ganzen heile geblieben. Der Tischler wird deren Oberfläche abschleifen müssen um die Brandspuren zu entfernen, anschließend werden wir sie erneut mit Holzlasur streichen und dann sollten sie wieder aussehen wie neu. Ebenso blieben das gesamte Geschirr und alle Töpfe und Pfannen unversehrt. Diese benötigen nur eine gründliche Reinigung, dann wären sie wieder einsatzfähig.

Nachdem wir also alle angekommen waren, Sanam und ich aus Dharamshala und Dan von seiner Wanderung, fanden wir uns im Geschäft gegenüber zur Verdauung des Geschehenen ein. Mittlerweile fing es stark an zu regnen und sogar zu hageln, was vielleicht gar nicht so schlecht war hinsichtlich der Abkühlung der kompletten Lokalität. Wir luden uns an diesem Tag zu einem besonders guten Abendessen ein und diskutierten die nächsten Schritte. Die Jungs entschieden nicht aufzugeben und mit den wenigen Mitteln, welche jetzt noch zur Verfügung standen, das Café erneut aufzubauen. Gestern war also Sichtung und Aufräumen angesagt. Es ist sehr beeindruckend wieviel Anteilnahme und aufbauende Worte wir erhielten und wie viele ihre Hilfe anboten. Heute haben die Jungs angefangen das Dach zu reparieren und neue Materialien zu besorgen. Mit dem Neuaufbau vergrößern sie die Küche, was sie soundso hätten machen müssen und setzen das Dach etwas höher. Wir werden sehen, wielange es dauert, bis alles wieder hergerichtet ist, aber in vier bis fünf Tagen wollen die Beiden ihre dritte Eröffnung feiern. Ihre Motivation ist ungebrochen. 🙂

Da ich keine weiteren Pläne habe, werde ich mit großer Wahrscheinlichkeit die nächsten zwei Monate hier bleiben. Das war meine Idee vor dem Brand und ist sie noch immer. Ich werde die beiden weiterhin unterstützen, aber auch verstärkt mein Ding machen und meine Ideen vorantreiben. 🙂

Achja, bevor ich es vergesse: Hier ist die Erklärung zu meiner dieses Mal gewählten Überschrift. Im englischen bedeutet ‘Coddiwomble’: To travel purposefully toward an as-yet-unknown destination. Ins deutsche kann man es ungefähr wiefolgt übersetzen: „Sich entschlossen und zielgerichtet in eine noch unbekannte Richtung bewegen“.

Ich denke, das ist ungefähr das, was ich im Moment mache. Für den ein oder anderen sieht es vielleicht so aus, als ob ich gerade ziel- und planlos im Leben umhersteuere. Aber dem ist nicht so. Ich bin weder ziel- noch planlos. Scheinbar offensichtlich ist, dass ich im Moment noch nichts Handfestes vorzeigen kann. Es ist noch keine Art Ergebnis einer Arbeit vorhanden, welches ich präsentieren könnte und mit welchem ich Geld verdiene. Aber ich habe meine Ideen und Projekte, welche ich noch immer verfolge und welche sich eines Tages wie Puzzleteile zu einem Bild zusammensetzen lassen. Dann werden Dinge sichtbar, handfest und vorzeigbar sein, was wichtig scheint für alle diejenigen, die Resultate eine höhere Wertigkeit zuordnen, als dem Weg, den man gegangen ist, um diese zu erreichen. Ich habe aufgehört langfristige Pläne zu schmieden und gebe meinem Leben im Moment die Möglichkeit sich frei vor mir entfalten zu können. Das mag für dein ein oder anderen vielleicht komisch klingen, aber das ist meine Sicht der Dinge.

Mir geht es sehr gut hier. Ich bin glücklich und schätze es sehr hier sein zu dürfen. Dies ist eine sehr wichtige Phase meines Lebens und ich genieße sie.

Und ich denke ich beende den Eintrag mit diesen Worten. Fotos werden folgen. Ich bin im ersten Schritt froh, das ich es endlich geschafft habe, den Text zu veröffentlichen. 🙂 Ein weiterer wird schon bald folgen.

Ein Kommentar

  1. Hallöchen meine liebe Nancy,
    vielen lieben Dank für deine sehr schönen Berichte, welche du wieder sehr ausführlich beschrieben hast. Es liest sich wie ein Roman – welches du vielleicht später mal mit deinen Bildern ver-öffentlichen könntest – man möchte immer eine Fortsetzung haben.

    Die Zeit rennt wie im Flug und bald können wir dich hier in die Arme nehmen, darauf freue ich mich schon sehr.

    Auch wir hatten in der vorigen Woche Temperaturen, welche bei 30° – 36° lagen und ein Arbeiten ohne Klimaanlage und PC – Wärme ganz ordentlich im Büro war.

    Gestern war das Sommerfest bei deinen Eltern, bei super Sonnenschein. Dabei wurde mir echt klar, dass ich dir doch folgende Zeilen gern mitteilen möchte, obwohl ich genau weiss, dass ich es sicherlich nicht ändern oder beeinflussen kann. Trotzdem wäre es schön, wenn du dein Lebensdomizil hier aufbauen und nach deinen Wünschen gestalten könntest. Hier in Deutschland gibt es auch sehr schöne, ruhige oder wenn man mag hektische Lebensbereiche, wo man die Natur genießen kann und seine Ideen verwirklichen könnte. Es muß nicht die quirlige Stadt Leipzig sein.
    Ich denke, deine ganze Familie – alle – würden dich gern um sich haben wollen bzw. einfach in der Nähe – ein paar Autostunden – oder quer durch Deutschland – dann nehmen wir eben den FIX-Bus 🙂
    PS .: In der Leipzig City – Nähe Pinguin-Eisbar – wurde erst vor kurzem ein Indisches Restaurante eröffnet.

    Wir wünschen dir eine sehr gute Fahrt nach Hause – einen super Flug – ohne Luftlöcher,
    tschüßi bis bald und ganz liebe Umarmung deine Ines.
    uuuunnnndddd natürlich auch ganz liebe Grüße von meinen beiden Männern Flori und Jens

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